Warum ich Tauben füttere - und Euch darum bitte, das auch zu tun


Es mag viele schockieren, aber ja: Ich füttere Tauben.
Was mich irgendwann dazu veranlasste, Körner für die Stadttauben in meiner Umgebung zu kaufen und zu verteilen, kann ich gar nicht mehr genau sagen. Ich glaube, es war ein Kurzfilm, in dem die Vorurteile, die die meisten Menschen gegenüber Tauben hegen, kritisch unter die Lupe genommen wurden. Das Ergebnis: Sie stimmen nicht. Seitdem habe ich eine andere Einstellung gegenüber Tauben. Und weil ich in der Nähe des Bahnhofs lebe, finde ich immer viele dankbare Abnehmer für mein Futter. 

Was ich jetzt weiß: Stadttauben brauchen Menschen. Sie sind auf uns angewiesen. Ursprünglich waren sogar wir Menschen es, die sie in den Städten als Haustiere angesiedelt haben - und nun stören sie uns nur noch. Mich haben sie zwar noch nie gestört. Warum auch? Aber sie waren mir auch nicht wichtig, sondern völlig egal. Jetzt nicht mehr.

Meine Bitte an Euch alle: Bitte füttert Tauben. Sie hungern. Jeden Tag. Döner, Pommes, Brötchen (die oft auch noch verschimmelt sind) machen die Tiere und ihren Nachwuchs krank. Und obwohl viele Menschen die Straße mit dem Mülleimer verwechseln: Es gibt nicht genug Abfall für alle Tauben.

Ihr wisst, wie es in unseren Fußgängerzonen häufig aussieht: überall Dreck von Menschen, die einfach alles auf die Straße werfen. Die Tauben fressen in ihrer Not alles weg - auch Erbrochenes und aus lauter Hunger sogar kleine Steine und Zigarettenkippen. Häufig verfangen sich ihre Füße dabei in irgendwelchen Fäden, Gummibändern oder menschlichen Hasten und verschnüren sich dort, bis die Zehen schmerzhaft abgestorben sind. Auch das noch.
Tauben können auch nicht einfach aus der Stadt hinaus fliegen und sich auf dem Land eine Bleibe suchen (diesen "Vorschlag" hört man ja auch hier und da). Tauben leben ortsgebunden mit einem Partner oder in einer Gruppe. Sie können nicht einfach so "abhauen", wenn es ihnen nicht mehr gefällt. 

Übrigens: Tauben vermehren sich nicht unkontrolliert, wenn man sie füttert. Tauben brüten unabhängig von Fütterungsangebot und Jahreszeit. Sie übertragen auch nicht mehr Krankheiten als jeder andere Vogel auch - und die sind auf den Menschen nicht einmal übertragbar. Das haben unter anderem das Veterinäramt und das Gesundheitsamt bestätig. Der weiße, flüssige Kot, der viele Menschen so stört, ist Durchfall. Würden Tauben artgerecht gefüttert werden, würde ihr Kot genau so aussehen wie jeder andere Vogelkot auch.

"Entweder sollte man sämtliche herrenlosen Stadttauben totschießen, was aber gewiss niemand wünscht, oder aber man sorge dafür, dass sie regelmäßig gefüttert werden."

(Autor eines im Schweizer "Ornithologischen Beobachter" abgedruckten Briefes)

Wenn Ihr sie füttert, verwendet bitte kein Brot, sondern Körner. Hier eine kleine Liste:

Mais, Gerste, Hirse, Reis, Erbsen, Dinkel, Bohnen, Weizen, Sojabohnen, Erdnüsse, Hanf, Raps, Leinsamen, Sonnenblumenkerne (geschält), Sesamsamen, Buchweizen. Kein Hafer und keine Haferflocken, der sticht. 

Aushungern, wie viele Städte es betreiben (Fütterungsverbot), funktioniert übrigens nicht. Tauben brüten unabhängig von Fütterungsangebot und Jahreszeit und das teilweise unter schlimmsten Bedingungen, weil geeignete Taubenschläge, in denen Geburtenkontrolle stattfinden kann, fehlen. Ein Basler Tierversuch ergab, dass hungernde Stadttauben sogar mehr brüten als ausreichend ernährte (!). Die Küken sterben in den Nestern, während ihre Eltern viel zu lange auf Futtersuche sind. Aushungern ist also keine Lösung, sondern grausam und unmenschlich.

Im Tierschutzgesetz heißt es: "Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leid und Schaden zufügen." Als "vernünftig" im Sinne des Tierschutzgesetzes gelten zum Beispiel Gründe, die sich aus anderen Rechtsvorschriften wie dem Fleischhygienegesetz oder dem Bundesjagdgesetz ableiten lassen. Als vernünftige Gründe zum Töten eines Wirbeltieres nach dem Tierschutzgesetz gelten daher Nahrungserwerb des Menschen, fachgerechte Schädlingsbekämpfung, waidgerechte Jagd und Euthanasie erkrankter Tiere. (aushttp://www.schaedlingskunde.de/Diverse_htm/Stadttauben-rechtliche-Situation.htm)

Aushungern, Wegtreten, Überfahren, Anzünden, Kopf abreißen oder andere Quälereien gehören also ganz offensichtlich nicht dazu.

Tauben füttern macht übrigens nicht nur die Tauben, sondern einen selbst auch froh. Es ist ein gutes Gefühl, hungernden Lebewesen zu helfen und mit ganz wenig Aufwand etwas Nützliches getan zu haben. Gutes Karma im Vorbeigehen sozusagen.
Und angesprochen werde ich tatsächlich selten. Ab und zu bekomme ich den "dezenten" Hinweis zu hören: "Das ist verboten" - stimmt leider, Füttern gilt in vielen Städten als "Ordnungswidrigkeit" und kann mit richtig hohen Bußgeldern bestraft werden. Inzwischen habe ich aber viele Gegenargumente gesammelt, die ich erwidern kann, so dass mich das nicht mehr so stört (am bemerkenswertesten fand ich den Satz neulich: "Die tun doch nur so, als ob sie Hunger haben." Ach so...). Ich weiß, dass es wichtiger ist, den Tieren zu helfen als auf Menschen zu hören, die ganz offensichtlich nicht richtig über Tauben informiert sind. Aber man muss sich schon ein sehr dickes Fell zulegen...!!! Ich habe mich aber auch schon sehr angenehm und freundlich mit Passanten unterhalten. Viele haben tatsächlich Verständnis. Meistens - zum Glück - passiert aber gar nichts, die Leute gehen einfach vorbei, ich habe aber inzwischen auch schon meine weniger auffälligen Stellen zum Füttern gefunden. 

Wenn Ihr genau wissen wollt, welche Vorurteile Tauben gegenüber überhaupt nicht stimmen, dann habe ich hier interessante und aufschlussreiche Artikel für Euch:

https://www.tagesspiegel.de/berlin/tauben-in-der-stadt-sie-wollen-nur-turteln/6678608.html?fbclid=IwAR3NXKpN2iVQNKk617OCdBcf3dV2FlG9kB_JCU-mnXiyCL9kf5y__puVCAw

https://www.friedenfuerpfoten.org/fakten-ueber-tauben

Viele Lösungsvorschläge, wie das Zusammenleben zwischen Menschen und Tauben gelingen kann, findet Ihr beispielsweise hier:

http://www.tierschutz-hanau.de/stadttauben.html

So funktioniert es! ("Augsburger Modell"):

https://www.augsburg.de/umwelt-soziales/umwelt/umweltstadt-augsburg/stadttaubenkonzept

Es gibt also durchaus sinnvollere Lösungen als das Füttern pauschal zu verbieten.

Für den Fall, dass Ihr Tauben in Not seht, informiert bitte die entsprechenden Stellen, beispielsweise den Tierschutz. Es gibt eigentlich auch in jeder Stadt Organisationen, die sich darum kümmern. In Hamburg sind das zum Beispiel "Gandolfs Taubenfreunde": https://www.facebook.com/GandolfsTaubenfreundeHamburg/ oder "Hamburger Stadttauben": https://www.facebook.com/hamburgerstadttauben/

Danke an Euch von mir auch im Namen unserer gefiederten Freunde. 💙

Astrid

#DasFütterungsverbotmussweg

#DoNotLetThemFall


Bild: Pixabay

Kommentare

  1. Mit mehr Futter, wird mehr Nachwuchs gezeugt, wenn mehr Nachwuchs gezeugt wird, wird die Nachfrage nach Futter größer. Das ist ein Teufelskreis. Stadttauben haben sich an ihre jeweiligen Verhältnisse angepasst und leben eben in jenen, um zu überleben. Die einzige sinnvolle Strategie dauerhaft die Population zu regulieren, ist kein blindes füttern, sondern Tauben-türme, in denen die Taubeneier mit Gipsimitate ausgetauscht werden. Wenn sich jeder etwas beteiligen würde, würde man den Schaden, den die Tauben Jahr für Jahr durch Geruchs- und Lärmbelästigung und Kot erzeugen, erheblich senken.

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    1. ist richtig, aber solange die städte/gemeinden das nicht machen (wie z.b. hier in wien) ist es eben besser den tauben besseres futter zu geben, sie werden nicht weniger aber sind gesünder. lg

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  2. Vielen Dank für die Seite. Super Statement für die Tauben ! Es wird leider nicht aufgeklärt, sondern wirklich sehr viel Taubenhetze verbreitet. Die Medien sind nicht tierfreundlich, schon gar nicht, wenn es um Tiere geht die vermeintlich stören.
    Hier gibt es jede Menge tierfreundliche Rezepte und Infos: www.loveveg.de

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  3. Es ist Egal wie viele vernünftig man Argumentiert od auf links Hinweist ,leider sind die meisten Menschen Informationsresistent !!!!Ich sage nur .......Ja aber .....!

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  4. Vielen Dank für den Beitrag. Ich füttere jeden Tag auf meinem Fensterbrett zwei Tauben, ein Pärchen, vielleicht kommen auch mehr ☺️ zu mir. Auch kleine Meisen kommen. Ich habe einen großen Baum 🌳 vor meinem Fenster, in dem sie auch schlafen.
    Sie bekommen natürlich nur gutes Futter.

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