Das Prinzip der Dualität (und wie wir sie überwinden können)
Das Wort Dualität kommt aus dem Lateinischen ("dualis") und bedeutet so viel wie "Zweiheit" oder "zwei enthaltend". Die Welt, in der wir leben, nehmen wir in der Regel als dual wahr: Es gibt männlich und weiblich, hell und dunkel, warm und kalt, gut und böse und so weiter. Ganz allgemein betrachtet teilen wir die Welt ein in positiv und negativ.
Nun muss aber bekanntlich etwas, das für den einen Menschen positiv ist, für einen anderen nicht zwingend auch positiv sein. Es kommt auf den Blickwinkel an. Was der eine als "gut" bewertet, kann für den anderen "schlecht" sein. Was der eine liebt, kann der andere ablehnen. Dualität entsteht also aus unserem jeweiligen Bewusstsein heraus, indem wir Dinge oder Ereignisse mithilfe unseres Verstandes unterteilen und individuell bewerten. Positive Erfahrungen empfinden wir als "gut" und wollen mehr davon haben, unangenehme Erfahrungen lehnen wir ab und wollen so schnell wie möglich wieder einen "positiven" Zustand erreichen. In diesem Spannungsfeld zwischen "gut" und "schlecht" bewegen wir uns tagtäglich.
Eine allgemeingültige Regel, was "gut" oder "schlecht" ist, gibt es nicht. Die Einteilung entsteht allein durch unsere Gedanken. Sämtliche negative Empfindungen wie Angst, Wut, Hass, Ärger, Stress und so weiter würden ohne unsere Gedanken gar nicht existieren. Es ist unser egoistischer Verstand, der uns suggeriert, dass ein Zustand "besser" ist als ein anderer. Wir bewerten ihn, wir geben ihm einen bestimmten Wert.
Allerdings ist dieser Wert nur ein individueller Maßstab: Objektiv betrachtet ist es einfach. Gut oder schlecht wird es erst durch die gedankliche Projektion unseres eigenen Bewusstseins. Bewusstsein an sich ist aber raum/zeit- und polaritätslos. Es ist einfach. Alles in Existenz besitzt keinen dualitären Zustand. Es ist.
Die Überwindung dualitärer Zustände
Was ist dann der Sinn der Dualität? Ganz einfach: Wir wissen nicht, was Licht ist, wenn wir die Dunkelheit nicht kennen. Wir wissen nicht, wie Wärme sich anfühlt, wenn wir die Kälte nicht erfahren haben. Das Eine ist ohne das Andere nicht möglich. Es ist wie die zwei Seiten einer Medaille: Beide Seiten sind unterschiedlich, doch erst zusammen bilden sie das Ganze. Oder anders ausgedrückt: Um Leben in seiner Ganzheit erfassen zu können, müssen wir beide Seiten kennen.
Das zu wissen kann uns dabei helfen, den Zustand der Einheit, aus dem wir alle kommen und in den wir alle zurückkehren, hier auf dieser Erde und im eigenen Leben zu erfahren - was letztendlich zu weniger Leid und Drama führt. Dort, woher wir kommen, gibt es kein gut oder schlecht, dort ist alles eins. Unsere Seele - und das ist wichtig - urteilt nicht. Sie macht lediglich Erfahrungen. Unsere Seele sieht alles in einem zusammenhängenden, höheren, dienlichen Aspekt unserer Selbsterfahrung - um zu lernen und um zu wachsen.
Alles, was wir bekämpfen, wird größer. Je mehr Aufmerksamkeit wir ihm schenken, desto mächtiger wird es. Im spirituellen Weltbild gilt deshalb die Regel: Allem, was Du nicht mehr haben willst, musst Du mit voller Akzeptanz begegnen, damit es verschwinden kann. Sonst gibt es keine Ruhe. Nach und nach wird sich so auch das Gefühl der Dualität auflösen - dann ist es einfach. Wenn wir angenehme und unangenehme Erfahrungen nicht mehr in „gut“ oder „schlecht“ unterteilen, sondern als gleichwertig für unsere Entwicklung schätzen lernen, können wir unsere selbst auferlegten Blockaden und Programmierungen immer weiter ablegen und uns in die Position eines friedvollen Beobachters begeben. Es steckt ein tieferer Sinn in all unseren Erfahrungen. Das zu wissen, kann schon sehr beruhigend sein.
Für die lernende Seele
hat das Leben auch in seinen dunkelsten Stunden
einen unendlichen Wert.
(Kant)
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