Vielleicht besteht mein Unglück aus dem Versuch, glücklich zu sein.
Vielleicht hat mein lautstarkes Sehnen nach Glück
diesen seltenen Vogel davon abgehalten,
sich mir auf die Schulter zu setzen.
Ich habe so lange und so heftig nach Glück gesucht,
ich habe weit und breit gesucht,
ich habe mir immer vorgestellt, dass Glück eine Insel im Fluss sei.
Vielleicht ist es ja der Fluss?
Ich habe gedacht, dass Glück der Name einer Herberge sei,
am Ende der Straße.
Vielleicht ist es ja die Straße?
Ich habe geglaubt, dass das Glück morgen käme,
oder übermorgen, oder überübermorgen.
Vielleicht ist es hier, vielleicht ist es bereits jetzt?
Ich habe überall gesucht: nun also hier und jetzt.
Aber hier und jetzt spüre ich deutlich: Unglück.
Vielleicht gibt es so etwas wie Glück gar nicht.
Vielleicht existiert das Glück gar nicht; vielleicht ist es nur ein Traum,
der von einem unglücklichen Geist erträumt wird.
Sicherlich ist das Glück nicht so,
wie mein unglücklicher Kopf sich das vorstellt.
Hier und jetzt bin ich nicht glücklich.
Im Moment gibt es kein Glück.
Ich brauche mich also nicht mit dem abzugeben,
was es gerade nicht gibt.
Ich kann also die Sache mit dem Glück erst einmal vergessen.
Ich kann aufhören, mich darum zu kümmern,
und mich stattdessen mit dem beschäftigen,
was ich kenne, was ich fühlen und voll erfahren kann.
Glück ist ein wunderbarer Traum:
jetzt ist jedoch der Morgen angebrochen
und ich kann aufwachen und mit dem Unglück sein,
mit dem, was wirklich ist im Sonnenlicht in diesem Moment.
Und jetzt sehe ich, wie viel von meinem Unglück daher kam,
dass ich versuchte, glücklich zu sein.
Ich kann sogar sehen, dass dieses Versuchen Unglück ist.
Glück besteht nicht aus Versuchen.
Endlich bin ich hier und jetzt.
Endlich bin ich, was ich bin.
Ich mache mir und anderen nichts vor, ich bin entspannt.
Ich bin unglücklich.
Aber ist es das, wovor ich weggelaufen bin?
Ist es wirklich Unglück?
Wenn ich aufhöre, glücklich sein zu wollen
oder sonst irgendwie sein zu wollen,
wenn ich mich nicht mehr bemühe,
irgendwie anders zu sein oder irgendetwas zu bekommen,
dann, so scheint es,
bin ich bereits an einem geheimnisvollen Ort angelangt:
ich bin hier und jetzt.
Wenn ich sehe, dass ich nichts tun kann,
dass all mein Tun der gleiche Traum ist,
in dem Moment, in dem ich das erkenne,
ist mein Geist, der alte Zigeuner,
für einen Moment still und gegenwärtig und ganz natürlich.
Da gibt es nichts, worüber man sich aufregen könnte,
nichts, was man erwarten könnte,
und nichts, worüber man enttäuscht sein könnte.
Für einen Moment hört der Geist
mit seinem ständigen Hinterherrennen auf.
Für einen Moment, hier-jetzt, zeigt sich die wirkliche Welt und siehe:
Hier-jetzt ist bereits alles, wonach ich mich immer gesehnt habe
dort und weit weg.
Mehr noch – ich bin Schatten nachgejagt.
Die Wirklichkeit ist bereits der sonnenbeschienene Ort,
der Vogel, der Jetzt genannt wird.
Es war meine Suche nach dem Glück, die mich davon abgehalten hat.
Mein Wunsch, der mich betäubt hat.
Der Vogel hat die ganze Zeit über gesungen.
Ich bin still und kümmere mich nicht darum, Glück zu finden.
Dann, so scheint es, kann das Glück mich finden.
Sobald ich wirklich still bin, so still wie als wäre ich tot,
gestorben hier und jetzt,
dann springt das Glück mich an.
Wenn die Sehnsucht nach Glück verschwindet, taucht das Glück auf.



(Michael Adams)

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